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“Kulturszene in Köln: Erholung nach der Corona-Pandemie und Planungen für die Zukunft”

Köln scheint sich langsam von der Corona-Pandemie zu erholen. Nur noch gelegentlich sieht man Masken. Konzerte, Premieren, Lesungen werden nachgeholt. „Es läuft alles wieder“, heißt es aus der Live Music Hall, „wir haben wahnsinnig viel vor“, aus der Comedia. Und das Literaturhaus geht sogar kreativer aus den vergangenen Jahren hervor, es sei probierfreudiger geworden. Aber die Kulturszene rüstet sich auch, falls wieder schwierigere Zeiten kommen. Wir haben die Kölner Kulturbetriebe gefragt, wie es ihnen aktuell geht.

Kino nach Corona: Jüngeres Publikum, Hoffnung auf starke Filme

Im Kino Odeon komme man gar nicht dazu, eine Bilanz über die Pandemie zu ziehen, sagt Geschäftsführer Jürgen Lütz, denn: „Die ersten Monate des Jahres waren wie vor Corona“. Also arbeitsreich, im positiven Sinne. Man blicke immer auf den nächsten Film. Über Corona hinaus sei es 2022 ein Problem für Kinos gewesen, dass es keinen starken Film gegeben habe. Obwohl das Odeon auf der Severinstraße einen dritten Saal bekommen hat, verzeichnete Lütz vergangenes Jahr ein Minus von 30 Prozent.

Schriftzug am Odeon auf der Severinstraße vom Januar 2021.

Einmal acht, einmal sechs Monate hatte das Odeon pandemiebedingt geschlossen. Die Mitarbeitenden in dieser Zeit zu halten, sei nicht einfach gewesen. Und schon vor Corona sanken die Besucherzahlen wegen der Streamingangebote. Jetzt macht Lütz eine andere Beobachtung: Kino sei nach wie vor in, und das Publikum habe sich stark verjüngt. Das hat auch Einfluss auf das Programm: Im Odeon sind mehr Filme auf Englisch mit deutschen Untertiteln zu sehen. Dennoch muss sich Lütz schon mit dem „nächsten Hammer“ auseinandersetzen: steigende Energiekosten. 

Laut Holger Pfaff, Geschäftsführer des Cinedom, helfen die staatlichen Subventionen bei den Energiekosten, sie kompensieren die Kosten der vergangenen Monate jedoch nicht. Pfaff schaut dennoch positiv in die Zukunft: „Es ist uns gelungen, die Begeisterung für Kino wiederherzustellen.“ Und er gibt Entwarnung: „Das viel zitierte Kinosterben ist nicht eingetreten.“

Theater nach Corona: Premieren werden gefeiert, Kinder lernen wieder Kultur kennen

„Uns geht es gut, die Menschen kommen wieder“, sagt auch Astrid Hage vom Comedia Theater. Am Ziel, immer ausverkauft zu sein, arbeiteten sie noch. In der Pandemie stand das Haus viel zu oft leer. „Wir haben permanent abgesagt, Premieren mussten verschoben werden, das ist im Theater ein Drama“, sagt Hage rückblickend. Jetzt sei gerade an Schulen das Interesse wieder groß, ins Theater zu gehen.

Von den 500 Veranstaltungen im Jahr in der Comedia richten sich zwei Drittel an Kinder und Jugendliche. Besonders ihnen habe es gefehlt, gemeinsam etwas zu unternehmen. „Inzwischen ist die Bedeutung und die Wichtigkeit von Kultur für Kinder erkannt worden“, so Hage. Und der Kalender bis zum Sommer ist voll: Internationale Kooperationen, Teilnahme an Festivals und Premieren der hauseigenen Ensembles stehen an.

Konzerte nach Corona: Kölner Publikum ist zurück, Mitarbeitende fehlen noch

Lang ersehnt waren ebenso Konzerte. Die Live Music Hall veranstaltete während der Pandemie kleinere Formate, eröffnete sogar ein Testzentrum. Jetzt ist sie wieder voll. „Wir sind optimistisch“, heißt es aus dem Haus in Hinblick auf den Sommer.

Gloria-Geschäftsführer Michael Zscharnack stimmt zu: „Man freut sich über die wiedergewonnene Normalität.“ Doch er verzeichnet immer noch einen Trend zum späteren Kartenkauf. Gestiegene Kosten in Folge des Krieges machen dem Theater an der Apostelnstraße zu schaffen, die Ticketpreise wurden vor zwei Jahren festgesetzt. Heute hat das Gloria höhere Ausgaben, als damals angenommen.

Das Publikum ist mittlerweile zurückgekehrt, wenn auch mit mehr Interesse an Clubveranstaltungen, Podcasts und jüngerer Comedy als an traditionellen Formaten. Nicht zurückgekehrt sind hingegen die Thekenkräfte. In seinem Fazit der Coronazeit stellt Zscharnack die Mitarbeitenden in den Vordergrund: „Wir müssen Aushilfskräfte in der Kultur professionalisieren.“ Im Gloria sollen ab Herbst Fachkräfte für Restaurant- und Veranstaltungsgastronomie ausgebildet werden.

Kritisch sieht Zscharnack zudem, ob genügend Kunstschaffende nachkommen: Affinität, in einem Club oder als DJ zu arbeiten, bekomme man nur, wenn man sie auch erlebt. Junge Erwachsene kennen sie durch die Pandemie nicht.

Lesungen nach Corona: Inspiriert zu neuen Konzepten

Auch Lesungen im Literaturhaus finden wieder uneingeschränkt statt. Die Leiterin Bettina Fischer sagt, das heiße nicht zwangsläufig, Corona habe keine Folgen gehabt. Manche hätten sich Kulturbesuche abgewöhnt. Während der Pandemie investierte das Kulturhaus in Livestreams. Die gibt es noch immer, alles andere sei ja auch nicht nachhaltig. Jetzt gibt es sie aber nur noch begleitend zu den Veranstaltungen vor Ort, das Publikum möchte bei der Lesung eben tatsächlich die Autorinnen und Autoren treffen. Mit der neuen Technik ist das Literaturhaus außerdem gewappnet für mögliche erneute Einschränkungen. Fischer blickt dem Herbst mit Sorge entgegen.

Bettina Fischer, Geschäftsführerin und Programmleiterin des Literaturhaus Köln (Archivbild).

Bettina Fischer, Geschäftsführerin und Programmleiterin des Literaturhaus Köln (Archivbild).

„Durch die zwangsläufige Neuorientierung haben wir uns durchaus angewöhnt, unsere Arbeit immer wieder zu hinterfragen: Wo können wir neue Formen finden?“, zieht Fischer aber auch kreative Energie aus den vergangenen Jahren. „Das prägt unsere Arbeit immer noch.“ Ein Pilotprojekt ist es etwa, die Räume des Hauses für andere Vereine zu öffnen.

Stadtverwaltung und Kulturszene planen mögliches Kölner Kulturticket

Neue Wege sind in Köln auch für Kulturtickets denkbar. Die Stadtverwaltung steht seit November 2022 zu einer möglichen Preis- und Marketingaktion im Austausch mit der Kulturszene, angedacht war ein vergünstigtes „Kölner Kulturticket“. Fest steht, ein kulturelles „Neun-Euro-Ticket“ wird es nicht geben. 

Ana Mendieta klebt sich im Rahmen einer „Gesichtshaartransplantation“ die Barthaare an, die sich ein Mitstudent abschneidet. 

Bettina Fischer nimmt die Idee als gut gemeint auf, sagt aber auch: „Kultur ist nicht umsonst“. Wenn es keine Kompensation für die freie Szene gebe, werde es schwierig. Die Verwaltung ermittelt nun, ob die Kulturszene überhaupt noch einen Bedarf an vergünstigten Tickets sieht, „da die Besucherzahlen in vielen städtischen Kulturinstitutionen bereits wieder auf einem guten Niveau sind“, wie die Stadt mitteilte.

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