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Herrhausen: Key figure for the fall of the Berlin Wall and German unity?

Musste Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen (†1989) sterben, weil er die deutsche Einheit finanzierte?

Der ARD-Zweiteiler „Herrhausen – Herr des Geldes“* beleuchtet die Rolle des RAF-Terroropfers im Vorfeld des Mauerfalls und die Motive seiner Mörder. Im Fokus des Spielfilms: CIA, Stasi und die Gegner Herrhausens in den Chefetagen der Deutschen Bank.

Zerfetzt in einer RAF-Sprengfalle: der Dienst-Mercedes von Alfred Herrhausen am 30. November 1989 – nur drei Wochen nach dem Fall der Mauer

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

FAKT: Der intellektuelle Macher Herrhausen wurde 1987, zwei Jahre vor dem Fall der Mauer, Chefsprecher der Deutschen Bank. Legendär sein enges Verhältnis zu Kanzler Helmut Kohl. Herrhausen schrieb schon an dessen erster Regierungserklärung mit. Die Männerfreundschaft bestimmte über Jahre Kohls Wirtschafts- und Außenpolitik mit.

Doch Herrhausen machte sich als Deutsche-Bank-Chef ab 1987 auch viele Feinde im eigenen Hause: Er postierte die erste Frau im Männer-Vorstand der Bank, stellte das Geldhaus auf moderne Computertechnik um. Und vor allem: Er öffnete das erzkonservative Bankhaus für das internationale Investment-Geschäft – ein Meilenstein für den Aufstieg der Deutschen Bank zum Global Player.

Herrhausen: Key figure for the fall of the Berlin Wall and German unity?

Kritisch beäugt von US-Konkurrenten und Banker-Kollegen: Herrhausen (gespielt von Oliver Masucci) im ARD-Film

Foto: ARD Degeto/rbb/hr/swr/Sperl Film

Auf dem US-Markt horchten Investoren auf – besonders als Herrhausen öffentlich einen Schuldenerlass für die „Dritte Welt“ und Pleite-Staaten in Südamerika ins Spiel brachte. Als der Deutsche in den Vereinigten Staaten dann auch noch für mehr Investitionen in den Glasnost-Kurs des neuen Sowjet-Führers Michail Gorbatschow warb, stoppte ihn US-Außenberater Henry Kissinger persönlich aus, nannte Herrhausens Kurs „höchst riskant“.

Doch der Banker ließ nicht locker, öffnete seinem Freund Kohl in Budapest und Moskau die Tore für Wirtschaftsgespräche.

„Ganz Osteuropa stand damals vor der Pleite“, erinnert sich Horst Teltschik (84), damals Chefberater Kohls. „Alle brauchten Kredite, das öffnete viele Türen. Ohne Herrhausen und die Banken wären wir hilflos gewesen.“

Enge Freunde und Verbündete: Herrhausen mit Kanzler Helmut Kohl (im Hintergrund DDR-Staatschef Erich Honecker)

Enge Freunde und Verbündete: Herrhausen im Juni 1987 mit Kanzler Helmut Kohl (im Hintergrund DDR-Staatschef Erich Honecker)

Foto: picture alliance/United Archives

Teltschik reiste zu einem Geheimtreffen nach Ungarn, traf Sekretäre des Zentralkomitees der Kommunisten. Die versprachen Reformen, wenn die alten Sowjet-Kader erst einmal beseitigt wären. 1988 dann die Wende: In Budapest wurde Miklós Németh zunächst Außenminister, dann Regierungschef – einer der beiden Sekretäre, die Teltschik im Jahr zuvor getroffen hatte.

„Herrhausen war DIE Schlüsselfigur“

Jetzt war die Stunde des Bankers: Herrhausen und Teltschik vereinbarten Ende 1988 in Budapest einen Milliardenkredit für die Gulasch-Kommunisten Ungarns, die auf Gorbatschows Perestroika setzten und keine Intervention aus Moskau fürchteten.

Die Rechnung ging auf: Westgeld floss nach Ungarn, der Eiserne Vorhang der Ungarn Richtung Österreich wurde immer löchriger, Ende Juni 1989 durchschnitten die Außenminister Ungarns und Österreich vor laufender Kamera den Grenzzaun. Tausende DDR-Bürger nutzten die neue Freiheit für die Flucht über Ungarn, Polen, Prag in den Westen.

Historischer Moment: Die Außenminister Gyula Horn (Ungarn, r.) und Alois Mock (Österreich) durchschneiden am 27. Juni 1989 den Grenzzaun zwischen ihren Staaten – das erste offizielle Loch im „Eisernen Vorhang“ zwischen Ost und West

Historischer Moment: Die Außenminister Gyula Horn (Ungarn, r.) und Alois Mock (Österreich) durchschneiden am 27. Juni 1989 den Grenzzaun zwischen ihren Staaten – das erste offizielle Loch im „Eisernen Vorhang“ zwischen Ost und West

Foto: ullstein bild – AP

Da hatte Herrhausen längst auch direkte Drähte zu Kreml-Chef Gorbatschow geknüpft. Im Vorfeld zweier Staatsbesuche – Kohl bei Gorbi (Oktober 1988) und Gorbi bei Kohl (Juni 1989) – hatte Herrhausen in Moskau einen Drei-Milliarden-Kredit verschiedener deutscher Banken für das marode Sowjet-System eingefädelt – im Dienste der Bundesregierung. Weitere 15 Milliarden sollten später fließen, damit die ehemalige Rote Armee 1994 auch ihre Soldaten aus dem wiedervereinten Deutschland abzog.

Teltschik zu BILD: „Herrhausen war wie gemacht für Kohl: kein Theoretiker, sondern ein Macher und Pragmatiker, der anpackte. Herrhausen war DIE Schlüsselfigur in Kohls Umfeld für das Ende des Eisernen Vorhangs und den Fall der Mauer!“

Milliarden Deutsch-Mark für Reformen und Reiseerleichterungen …

Deutschlands glücklichste Stunde: Mauerfall am 9. November 1989

Deutschlands glücklichste Stunde: Mauerfall am 9. November 1989

Foto: Werner Mahler/OSTKREUZ

Als am 9. November 1989 die Mauer fiel, erkannte die Welt: Kohls und Herrhausens Kurs der Öffnung des Ostens durch Finanzspritzen und wirtschaftliche Zusammenarbeit hatte funktioniert – auch wenn die Altkader der Stasi unter Erich Mielke den Zusammenbruch beweinten und sich weigerten, den „Sieg des Kapitalismus“ über den DDR-Sozialismus zu akzeptieren.

Grund genug, den „Herrn des Geldes“ zu ermorden?

Unklar, sagen Zeitgenossen. Die Terroristen der „Rote-Armee-Fraktion“ (RAF) hatten Herrhausen im Visier, weil sie ihn als Symbolfigur des Raubtierkapitalismus sahen, der die Armut der Dritten Welt zementieren wolle. Kaum anders die Einschätzung der DDR-Stasi, die um ihr Lebensprojekt – den Kommunismus – fürchteten.

Sieht Herrhausen als Visionär bei der Beendigung des Kalten Krieges: Ex-Deutsche-Bank-Manager Mario Keller

Sieht Herrhausen als Visionär bei der Beendigung des Kalten Krieges: Ex-Deutsche-Bank-Manager Mario Keller

Foto: Privat

Mario Keller, einst Top-Banker im Deutsche-Bank-Team von Herrhausen, gegenüber BILD: „Die Mörder Herrhausens wurden bis heute nicht gefunden. Es ist möglich, dass die DDR-Machthaber unter Mielke junge RAF-Sympathisanten gewinnen konnten, die bereit waren, nach Ausbildung an modernsten Waffensystemen im Libanon das Attentat auf Herrhausen vorzubereiten.“

Einst Chef-Unterhändler von Kanzler Helmut Kohl in Osteuropa: Horst Teltschik (84)

Einst Chef-Unterhändler von Kanzler Helmut Kohl in Osteuropa: Horst Teltschik (84)

Foto: ddp/Sven Simon

Auch Horst Teltschik, Kohl-Berater, Herrhausen-Vertrauter und zeitweise Vize-Chef des Bundeskanzleramts, will eine Verstrickung der Stasi in den Herrhausen-Mord „in keinem Fall ausschließen“.

Ex-Banker Keller ist in jedem Fall froh, dass der ARD-Film Herrhausens Verdienste für die deutsche Einheit neu beleuchtet: „Ich bin verwundert, dass die Deutsche Bank bis jetzt den wichtigen Beitrag Herrhausens zum Fall der Berliner Mauer und zum Ende des Kalten Krieges nicht anerkannt hat.“

Herrhausen habe vor allen anderen „den Zerfall des Sowjet-Regimes, die wirtschaftlichen und finanziellen Probleme Russlands und die neue politische Ausrichtung unter Gorbatschow richtig erkannt.“

Power-Paar: Herrhausen (Oliver Masucci) trinkt im ARD-Film mit Ehefrau Traudl (Julia Koschitz) auf die erfolgreichen Verhandlungen mit dem Kreml

Power-Paar: Herrhausen (Oliver Masucci) trinkt im ARD-Film mit Ehefrau Traudl (Julia Koschitz) auf die erfolgreichen Verhandlungen mit dem Kreml

Foto: ARD Degeto/rbb/hr/swr/Sperl Film

* Der spannende ARD-Zweiteiler mit Oliver Masucci in der Hauptrolle, ermöglicht von Star-Produzentin Gabriela Sperl („Mogadischu“, „Stauffenberg“), läuft seit 30. September in der ARD-Mediathek. Die ARD zeigt den 2. Teil am 3. Oktober (21.45 Uhr).

2024-10-03 11:28:04
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