Weihnachten ohne Geschenke? Für viele Deutsche könnte das dieses Jahr bittere Realität werden. Denn Spediteure und Fuhrunternehmer schlagen Alarm – weil ihnen 100.000 Lkw-Fahrer fehlen. Viele Waren werden deshalb nicht rechtzeitig bei Händlern und Kunden ankommen.
„Jedes Jahr verlieren wir weitere 15.000 Fahrer“, sagt Professor Dirk Engelhardt (51), Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), der die Interessen von rund 7000 Unternehmen vertritt.
Jedes Jahr gehen weitere 30.000 Fahrer in Rente
▶︎ Mehr als 30.000 Fahrer gehen in Deutschland jedes Jahr in Rente, nur 15.000 bis 17.000 Berufsanfänger rücken nach. Und das bei steigendem Frachtaufkommen – weil immer mehr Deutsche im Internet bestellen. Auch der Einzelhandel ordert gerade vor Weihnachten ständig neue Ware.
▶︎ Das Transportbarometer von Timocom, einem digitalen Marktplatz für Frachten und Laderaum, weist aktuell für die gesamte EU ein Verhältnis von 73 Prozent Fracht zu nur 27 Prozent Laderaum aus
Die Frage, ob es Weihnachten eng werden kann, beantwortet BGL-Chef Engelhardt deshalb mit: „Ja.“
„Uns drohen bald britische Verhältnisse“
Engelhardt warnt: „Wir müssen wirklich aufpassen, dass wir keine britischen Verhältnisse bekommen.“
Wegen Brexit und Corona gab es im Vereinigten Königreich leere Supermarktregale und Tankstellen ohne Benzin – inklusive Prügelszenen.
▶︎ Das Frachtaufkommen erhöhte sich 2024 im Vergleich zum Vorjahr laut Timocom um 14 Prozent. Gleichzeitig stieg die Zahl der Insolvenzen bei Transportunternehmen um zwölf Prozent. Dazu kommen Unternehmen, die vom Markt gehen oder ihre Flotte schrumpfen – weil Fahrer fehlen.
„Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, haben wir ein Problem“, ahnt Dirk Engelhardt. Der BGL-Chef kennt Unternehmer aus Industrie und Handel, die zurzeit freiwillig höhere Frachtraten zahlen, damit sie bei einer besseren Auftragslage Zugriff auf ausreichend Transport-Kapazität haben.
Viele Fahrer bekommen ihren Wunsch-Lkw
Seine Kollegen, versichert Engelhardt, tun alles, um neue Fahrer zu finden und dann zu halten. „Sie bauen Boarding-Häuser für ihre Angestellten, Sozialräume mit Fitnessgeräten.“ Viele Fahrer, erzählt Dirk Engelhardt, suchen sich inzwischen Fahrzeugtyp, Fahrzeugausstattung, Kunden und Routen aus. „Notfalls verzichten Unternehmer lieber auf Kunden, als einen Fahrer zu verlieren.“
▶︎ Nicht geliefert hat die Politik. „Wir zahlen 84 Prozent mehr Maut als noch vor einem Jahr“, rechnet der BGL-Chef vor. Pro Jahr sind das 15 Milliarden Euro, davon 7,6 Milliarden CO₂-Maut. Die Gewinn-Margen der Branche liegen aktuell zwischen 0,1 und 1,5 Prozent.
Engelhardt: „Bei der CO₂-Maut verlangt Deutschland den Höchstsatz, das sind 200 Euro für jede Tonne CO₂. Das europäische Recht ließe auch nur 100 Euro zu.“
2024-11-16 08:22:00
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